Eine Berufsausbildung schon während der Schulzeit kennenlernen, in einen Beruf reinschnuppern und erste Erfahrungen sammeln – dieses Projekt startete im Jahr 2021 an der Johann-Textor-Schule im hessischen Haiger. Inzwischen ist es als Marke eingetragen und soll „Schule machen“. Denn „SchulePlus“ will etwas gegen den Fachkräftemangel tun und jungen Menschen ermöglichen, den Beruf zu finden, der zu ihnen passt. Dieses freiwillige Angebot im Rahmen des Ganztags gilt deutschlandweit als einzigartig. Derzeit nehmen 130 Jugendliche der neunten und zehnten Klassen an dem Projekt teil und lernen so mindestens einmal in der Woche für mindestens zwei Stunden eine Firma kennen. Rund 60 Unternehmen aus der Region beteiligen sich daran, vertreten sind alle Branchen und daneben auch die Stadtverwaltung und Kitas. Erste Betriebe haben auf diese Weise schon Lehrlinge gefunden.
Berührungsängste abbauen
Beim Matching wird auf die Neigungen der Schüler geachtet. Somit lernen sie im Idealfall bereits zwei Jahre, bevor sie in die reguläre Berufsausbildung übergehen, ihren künftigen Ausbildungsbetrieb kennen. Allerdings sind zwischendurch auch Wechsel möglich, sollte ein Teilnehmer oder der Betrieb feststellen, dass der Beruf doch nicht passt.
Die Vorteile für die beteiligten Firmen liegen auf der Hand: Neue Bewerber sind bekannt, sie verfügen über erste Kenntnisse und Erfahrungen; das minimiert dann auch das Risiko eines Ausbildungsabbruchs.
Für Schüler bringt das Projekt ebenfalls klare Vorteile: Berührungsängste mit der Arbeitswelt werden rechtzeitig abgebaut und die Jugendlichen erkennen den Wert guter schulischer Leistungen für ihre eigene Zukunft. Zudem lernen sie früh ihre Ausbilder kennen. Dies gibt ihnen Sicherheit und Vertrauen auf dem Weg ins Berufsleben.
Gut zu wissen
Ausführliche Informationen zum Projekt „SchulePlus“ gibt es auf der Internetseite der Johann-Textor-Schule in Haiger: www.jts-haiger.de/schuleplus
Schüler verlieren die Angst vor der Arbeitswelt
Ein großes Problem, vor dem die Unternehmen stehen, ist die Tatsache, dass die (gerade vermeintlich schwächeren) Schüler eine Ausbildung ablehnen, weil sie ihr sicheres Schulumfeld nicht verlassen wollen. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, den längst möglichen Zeitraum für eine berufliche Orientierung zur Verfügung zu stellen und so eine Vertrautheit zu bieten, die eine mit Erfolg absolvierte Ausbildung nach sich zieht.
- Schüler können innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren einmal die Woche für minimal zwei Stunden einen Ausbildungsberuf kennenlernen.
- Schüler lernen Unternehmen, Auszubildende, Lernwerkstätten und Anforderungen kennen – und verlieren somit die Angst vor der Arbeitswelt, der größte Behinderungsfaktor (das Unbekannte).
- Jeder Schüler erkennt seinen Wert, und sein Selbstvertrauen wächst.
- Freiwilligkeit schließt uninteressierte Schüler aus.
- Unternehmen beugen dem Risikofaktor Ausbildungsabbruch vor und lernen schon im Vorfeld die Fähigkeiten ihrer Auszubildenden kennen.
- Die Region (Wirtschaft, Gemeinde, Schule) wächst zusammen. Der erste Durchgang erzielt bereits hohe Vermittlungsquoten und erhält ein exzellentes Feedback. Schon jetzt nehmen ca. 60 Unternehmen teil.
von Alexander Schüler