„Akademikern […] fällt es leicht, sich in interdisziplinäre Teams zu integrieren, strukturiert zu lernen und zu arbeiten.“
Andreas Neumann, Geschäftsführer anyMOTION GRAPHICS
Timo Lampp hat das studiert, was er schon in der Schule gut konnte: Sprachen und Literatur. Doch mit dem Bachelorabschluss in Romanistik und Anglistik kam die Ernüchterung: „Es gab kaum Jobangebote, die meinem Profil entsprachen“, sagt der 28-Jährige aus Wuppertal. Auf Bewerbungen folgten Absagen, und schon bald war klar: Um den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen zu können, musste er sich neu orientieren.
Berufliche Alternative gefunden
Lampp suchte nach beruflichen Alternativen – und stieß auf den Mediengestalter Digital & Print. Nach einem dreimonatigen Praktikum erhielt er von der Düsseldorfer Digitalagentur anyMOTION GRAPHICS das Angebot, den Beruf von der Pike auf zu lernen. „Als Mediengestalter kann ich kreativ und gestalterisch arbeiten. Die Aufgaben sind abwechslungsreich. Genau das war immer mein Wunsch“, sagt der Geisteswissenschaftler, der 2019 mit der dreijährigen Ausbildung begann und den Schritt ins Berufsleben meisterte. Studium plus Ausbildung? Das sei kein Nachteil, versichert der Azubi. „Ich lerne viel Neues und kann dabei auch die Kompetenzen nutzen, die ich an der Uni erworben habe.“
Bislang fehlte es an gezielten Maßnahmen, um Firmen und Talente mit Hochschulabschluss zusammenzubringen, dabei waren laut Bundesagentur für Arbeit allein 2019 durchschnittlich 371.000 Akademiker arbeitssuchend gemeldet, 187.000 davon arbeitslos. Höchste Zeit, neue Wege zu gehen, meint die IHK Köln. Mit dem Programm „Young Professionals“ wirbt sie bei Akademikern für eine Berufsausbildung nach dem Studium. Das Prinzip: IHK-Betriebe bieten geeigneten Bewerbern an, ihr Studium um eine duale Ausbildung zu ergänzen. Dank des Hochschulabschlusses reduziert sich die Ausbildungsdauer um 50 Prozent, die reguläre Vergütung wird verdoppelt.
„Ziel ist es, Akademiker optimal für die betrieblichen Anforderungen zu qualifizieren und den Unternehmen die Fachkräfte zu sichern, die sie dringend brauchen“, erklärt Carsten Berg, Leiter Ausbildung operativ der IHK Köln. Damit sei „Young Professionals“ eine echte Alternative zu den üblichen Einstiegsprogrammen, die in der Regel ohne IHK-geprüften Abschluss durchlaufen würden, und eine sinnvolle Ergänzung zu Vermittlungsangeboten, die sich bis dato ausschließlich an Studienabbrecher richteten. Noch ist „Young Professionals“ bundesweit einzigartig, doch auch weitere Kammern möchten das Programm einführen und Akademiker für eine Ausbildung begeistern.
Vorteile für Unternehmen
Uni-Absolventen für Ausbildungsberufe begeistern – diese drei starken Argumente sprechen dafür:
1.) Leistungsstarke Fachkräfte sichern
Mit der Ausbildung von Akademikern sichern sich Unternehmen leistungsstarke Fachkräfte von morgen. Die Absolventen können gezielt auf ihre Aufgaben im Betrieb vorbereitet werden und sorgen mit jüngsten Erkenntnissen von der Hochschule für neue Impulse. Mit dem IHK-geprüften Abschluss erwerben sie eine international anerkannte Qualifikation.
2.) Bewerber mit Lebenserfahrung
Bewerber mit Hochschulabschluss verfügen neben Fachwissen und einer gewissen Lebenserfahrung auch über eine breite Palette an Schlüsselqualifikationen. Ob Teamfähigkeit oder Leistungsbereitschaft, Flexibilität oder Selbstorganisation – die sogenannten Soft Skills, die Akademiker schon während des Studiums unter Beweis stellen müssen, helfen auch im Beruf dabei, sich auf ständig wechselnde Anforderungen, Menschen und Situationen einstellen zu können. Mitarbeiter mit persönlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen können ihr Potenzial besser nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens steigern.
3.) Die Ausbildungszeit ist verkürzt
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) erlaubt eine Verkürzung der Regelausbildungszeit, etwa dann, wenn Auszubildende bereits Kenntnisse aus einem abgeschlossenen Studium vorzuweisen haben (§8 Abs.1 BBiG). Hochschulabsolventen können die Verkürzung zusammen mit ihrem Ausbildungsbetrieb bei der zuständigen Kammer beantragen. Sie stehen ihrem Betrieb so schneller als vollwertige Arbeitskraft zur Verfügung.