Starke Persönlichkeiten, ­starke Ausbildung

Starke Persönlichkeiten, starke Ausbildung
© BRUNATA-METRONA
In einer sich wandelnden Arbeitswelt sind Ausbilderinnen und Ausbilder längst mehr als reine Wissensvermittler: Sie begleiten junge Menschen beim Übergang ins Berufsleben, geben Orientierung, fördern Talente und schaffen Vertrauen. Doch welche Kompetenzen braucht es, um diese Rolle wirksam auszufüllen? Und wie unterstützen Unternehmen ihr Ausbildungspersonal dabei, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden?
Sabine Biskup
Sabine Biskup
© UNIVERSUM Verlag GmbH / Lukas Görlach

Der Einstieg in das Berufsleben ist für junge Menschen herausfordernd: Sie stehen nicht nur vor ­neuen Aufgaben, sondern betreten auch ein Umfeld mit neuen Menschen, Regeln und Anforderungen. Sie in dieser Umbruchphase gut zu begleiten, ist eine wichtige Aufgabe.

„Der Sprung von der Schule in den Job wird für junge Menschen immer größer, deshalb begleiten wir sie intensiv“, betont Martina Brunner, Leiterin Ausbildung bei BRUNATA-­METRONA in München. Das eigentümergeführte mittelständische Unternehmen zählt zu den führenden Dienstleistern für die verbrauchsabhängige Heiz- und Wasserkostenabrechnung in Deutschland. „Wir beginnen mit Workshops für die Azubis, etwa zum Thema ,Raus aus der Komfort­zone’“, sagt die Expertin. Doch sie weiß auch: Eine gute Ausbildung steht und fällt mit dem ausbildenden Personal.

Ausbildende zwischen Mentor, Coach und Vertrauensperson

Ausbilderinnen und ­Ausbilder benötigen Unterstützung, um den Anforderungen an ihre verschiedenen Rollen gerecht zu werden. Sie sind Mentoren, die lehren, fordern und fördern, Sparringspartner im Lernprozess und Vertrauenspersonen mit offenem Ohr. Um sie für diese Rollen zu stärken, werden ihnen bei BRUNATA-­METRONA interne Workshops und Schulungen mit externen ­Trainern angeboten. Zudem wird die AVEO-Fortbildung der IHK ­finanziert – über 75 Prozent des ausbildenden Personals hätten bereits freiwillig den Schein zur Qualifizierung gemacht, so Martina Brunner. Zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen für Ausbildungspersonal zählt der regelmäßige interne Austausch. Doch welche konkreten Fähigkeiten sind dabei besonders ­relevant?

„Der Aufbau guter Beziehungen zu den Azubis ist eine der wichtigsten Aufgaben Ausbilderinnen und Ausbilder. ­Dafür ist regelmäßiges, ­empathisches Feedback wichtig“, betont ­Martina Brunner. „Wir merken, dass die junge Generation sehr viel Feedback braucht, das ist sie gewohnt durch die ­digitale Welt mit Likes und Kommentaren. Unsere Ausbilderinnen und Ausbilder lernen deshalb in Workshops, empathisch Rückmeldung zu geben.“ Kommunikative Fähigkeiten, Feedbackkompetenz und ein guter Blick für die Leistungsbeurteilung würden so zu Schlüsselkompetenzen in der Ausbildung der Generation Z.

Die Gen Z besteht aus Digital Natives und hat ihre ganz eigenen Prägungen, Werte und Bedürfnisse. Neben dem Wunsch nach häufigem Feedback gehören dazu eine schnelle Kommunikation und der Austausch auf Augenhöhe. “

Für ihr Berufsleben wünscht sich die Gen Z Sinn, Beteiligung und Individualität, weiß Sabine Bleumortier, die seit rund 18 Jahren als Beraterin und Trainerin Unternehmen bei der Ausbilderqualifizierung unterstützt. „Ausbildende sollten klare Orientierung bieten – durch Struktur, Verlässlichkeit und ein ehrliches Interesse am Auszubildenden. Eine gute Beziehung ist dabei die Grundlage für alles“, betont Bleumortier. „Sie schafft Vertrauen, motiviert und stärkt die Lernbereitschaft. Wer mit einer wertschätzenden Haltung ausbildet, kann viel bewirken.“

Als Sparringspartner im Lernprozess agieren

Doch Ausbilderinnen und Ausbilder sind nicht nur Bezugspersonen – sie sollten sich auch als Partner im Lernprozess verstehen. Lernbereitschaft und Flexibilität sind wichtige Eigenschaften, weiß Mark Prévoteau, der seit 2020 als Coach und Trainer Unternehmen hilft, ihre Ausbildungssysteme zu optimieren. Es gehe um einen Perspektivwechsel und ein neues Rollenverständnis: Ausbilderinnen und Ausbilder seien heute nicht mehr die „allwissenden Lehrer“, sondern Sparringspartner. „Ausbildende benötigen eine permanente Lern- und Veränderungsbereitschaft“, betont Prévoteau. „Das kann durch Seminare oder den Austausch im Betrieb geschehen. Außerdem sollten sie flexibel sein: Jeder Azubi ist anders und hat andere Förderbedarfe. Wenn ich es als Ausbildender schaffe, schnell umzuschalten und mich auf Azubis einzustellen, habe ich viel gewonnen.“

Ein Austausch auf ­Augenhöhe sei der Generation Z ­wichtig, weil sie es – stärker als ­vorherige Generationen – gewohnt sei, viel mitzureden und ­mitzugestalten. Eine weitere wichtige Fähigkeit für Ausbilderinnen und Ausbilder, sagt Prévoteau, sei in diesem Zusammenhang Selbst­reflexion. Ausbilderinnen und Ausbilder sollten sich kritisch fragen, ob die eigenen Lehrmethoden noch angemessen seien, um Entwicklungspotenziale zu erkennen. Beim Thema „KI in der Ausbildung“ sei das besonders relevant – ein Bereich, in dem alle noch lernen. ­Prévoteau empfiehlt, gemeinsam mit den Azubis in diesen Prozess zu ­gehen, die KI nicht zu verteufeln oder gar zu verbieten, sondern den Umgang zu ­begleiten, Ergebnisse zu diskutieren. So entstehe ein lebendiger Lernprozess in beide ­Richtungen. „Das demonstriert Offenheit und ein Verständnis der ­Ausbilderinnen und Ausbilder für die ­komplexen Anforderungen neuer digitaler Tools“, sagt Prévoteau. „Zugleich können sie die Kompetenzen vermitteln, die im Umgang mit KI relevant sind: kritisches Denken und Urteilsfähigkeit.“

Ausbildende fördern als stetiger Prozess

Bei den vielen ­Anforderungen an ausbildendes Personal stellt sich schnell die Frage: Wie können Unternehmen sie konkret und langfristig unterstützen? Denn die Berufswelt wandelt sich stetig, auch durch den Eintritt der Generation Z in die Betriebe. „Wir haben uns vorgenommen, das Thema Ausbildung langfristig strategisch zu fördern und so eine Qualitätsgrundlage zu schaffen“, betont Sven Krausch, Leiter New ­Talents in der Bundesdruckerei-­Gruppe mit Hauptsitz in Berlin. „Um unser ausbildendes Personal konstant zu fördern, haben wir ein ganzes Programm gestaltet, anstatt nur auf Einzel­maßnahmen zu setzen.“ Zu diesem Programm gehört ein umfangreiches modulares Seminar-Angebot zu verschiedenen Themen – vom Basiswissen für Ausbilderinnen und Ausbilder, Leistungsbeurteilung und Gesprächsführung bis hin zur Ausbildung im Kontext des mobilen Arbeitens. Außerdem werde auf den gegenseitigen Austausch gesetzt, erläutert Krausch: „Wir bieten Austauschformate an, die teilweise in die Richtung einer kollegialen Fallberatung gehen. Hier können die Kolleginnen und Kollegen voneinander lernen, indem sie Positivbeispiele und Impulse mitnehmen.“

Ganz neu ist in der Bundesdruckerei-Gruppe ein sechsmonatiges Fortbildungsprogramm zum Thema „Generation Z entschlüsseln“, in dessen Mittelpunkt ein Podcast steht. „Wir knüpfen hier an das konkrete Bedürfnis unserer Ausbildenden an, die junge Generation verstehen zu wollen.“ Für das Programm wurde dazu ein Selbstlern-Ansatz gewählt: Es beginnt mit einem Kick-Off-Workshop, dann ­können die Teilnehmenden über die kommenden sechs ­Monate in ihrem Tempo die Pod­cast-Folgen anhören und bearbeiten kleine Aufgaben und Selbst­reflexionen. ­Abgerundet wird das Ganze mit einem ­Review-Workshop. Der Andrang war so groß, dass schon eine zweite Programmrunde geplant und ausgebucht sei. Besonders freut Krausch, dass nicht nur ausbildendes Personal, sondern auch Führungskräfte Interesse gezeigt hätten: „Sie sagten, dass sie ebenfalls diese junge Generation besser verstehen wollen. Das zeigt echtes Interesse und Lernbereitschaft – und dass wir mit dem neuen Angebot eine Lücke schließen!“, resümiert Krausch.

Austausch und Vernetzung in der Ausbildung

Unternehmen mit einer großen Zahl an Auszubildenden stehen im Ausbildungsprozess vor besonderen Herausforderungen. Ein Beispiel dafür sind die Berliner Wasserbetriebe: Rund 270 Auszubildende und dual Studierende werden hier zeitgleich in über 20 verschiedenen Berufen betreut. Dafür verfügt das Unternehmen über ein eigenes Aus- und Weiterbildungszentrum mit rund 30 hauptamtlichen Ausbilderinnen und Ausbildern. Zusätzlich engagieren sich circa 300 Mitarbeitende zeitweise als nebenberufliche Ausbildende für Ausbildungsabschnitte beziehungsweise Praxisphasen der Auszubildenden und dual Studierenden. Die besondere Herausforderung: Die Gruppe der Ausbildenden hat sehr unterschiedliche berufliche Werdegänge und Wissenshintergründe. Ebenso vielfältig ist die Gruppe der Azubis, was zu unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen aufseiten der Ausbildenden führt.

„Wir bieten deshalb viele qualifizierte Weiterbildungsmöglichkeiten an“, erläutert Leonard Martin Böhm aus der Personalabteilung der Berliner Wasserbetriebe. „Dabei arbeiten wir mit verschiedenen Trainern zusammen, die zu vielfältigen ­Themen schulen – vom Basiswissen ‚Ausbildung‘ über Lernmethoden bis hin zu aktuellen Herausforderungen wie ‚Ausbildung auf Distanz‘.“ Aktuell wird zudem die Position eines sozialpädagogischen Coaches geschaffen, der sowohl Auszubildenden als auch Ausbildenden als Anlaufstelle dient. Für die hauptamtlichen Ausbilderinnen und ­Ausbilder ist ein zweitägiges Seminar des betrieblichen Gesundheits­managements verpflichtend. Es steht unter dem Titel „Resilienz in der Ausbildungsbetreuung“ und behandelt Fragen wie: „Wie schütze ich mich?“ oder „Wie grenze ich meine Rolle ab?“ Darüber hinaus werden alle Personen mit Ausbildungsaufgaben regelmäßig darüber informiert, wo sie die vielfältigen Unterstützungsangebote finden können. Besonders wichtig ist laut Böhm der informelle Austausch unter den Ausbilderinnen und Ausbildern, der im eigenen Ausbildungszentrum ganz selbstverständlich stattfindet. „Hier wird nicht nur über Herausforderungen, sondern auch über Erfolgserlebnisse gesprochen – das ist ungemein wichtig, damit Ausbilden nachhaltig als etwas Positives wahrgenommen wird. Unsere Ausbildenden verstehen sich als eine eigene Community.“

Daran knüpft auch Susanne ­Jager, Ausbildungsleitung der Berliner Wasserbetriebe, an: „Unsere Ausbilderinnen und Ausbilder leisten einen enorm wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens. Deshalb investieren wir gezielt in ihre Qualifizierung und schaffen Räume für Austausch, Vernetzung und gegenseitige Unterstützung. Nur wenn unsere Ausbildenden gestärkt und motiviert sind, können wir auch die nächste ­Generation ­erfolgreich für die Berliner ­Wasserbetriebe begeistern.“

Integration und Perspektiven sichern Nachwuchs

Azubis bleiben, wenn sie sich in ihrer Ausbildung wohlgefühlt haben, betont Ausbildungsleiterin Martina Brunner von BRUNATA-METRONA. Für die Verbesserungen im Ausbildungsprozess wurde das Unternehmen jüngst erneut als „Best Place to Learn“, einem Gütesiegel für Ausbildungsbetriebe, zertifiziert. Ein Erfolg, der sich in Zahlen zeigt: In 16 Jahren haben nur zwei Azubis in der Probezeit das Unternehmen verlassen – und fast alle Auszubildenden und Studierenden wurden übernommen. „Ehemalige Azubis sagen, sie sind auch wegen des familiären Klimas geblieben. Wir sind ein menschorientiertes Unternehmen“, freut sich Martina ­Brunner. Um die Beziehungsebene zu stärken, werden unter anderem Azubi-Projekte angestoßen, darunter kleinere sowie größere Sozialprojekte. Im letzten Jahr haben die Auszubildenden zum Beispiel 1.000 Kekse für zwei Altenheime und die Tafel gebacken. Solche Projekte seien Highlights für die Azubis, betont Martina Brunner.

Auch die Bundesdruckerei-­Gruppe setzt auf das ­Vernetzen unter Azubis, ­Ausbilderinnen und Ausbildern, das beginnt schon beim Buddy-Programm und dem „New Talents Tag“ im Rahmen des Onboardings. Azubis – neue wie bereits lernende – und alle Personen mit Ausbildungsaufgaben ­kommen hier zusammen. Dass sich ­Nachwuchskräfte gut integriert fühlen sei wichtig, damit sie im Unternehmen bleiben wollen, sagt Sven Krausch. „Man kann die Azubis heute schnell verlieren“, weiß auch Leonard Martin Böhm von den Berliner Wasserbetrieben, „sie schauen über drei Jahre in verschiedene Bereiche, da können schon ein bis zwei schlecht empfundene Praxisphasen reichen, damit sie abspringen.“ Deshalb setzen die Berliner Wasserbetriebe ebenfalls auf gemeinsame ­Projekte der Azubis sowie auf Team­bildungsmaßnahmen. Zudem sei wichtig, dass Ausbilderinnen und Ausbilder mit den jungen Menschen über ihre Zukunft reden: „Bei uns wird sehr zeitnah über Perspektiven im Unternehmen gesprochen. Die Auszubildenden wollen gehört werden, und wir versuchen, auf ihre ­Belange einzugehen.“


Weiterbildungs-Informations-System (WIS) – Angebote für Ausbilder

Das WIS ist das bundesweite Suchportal der IHK-Organisation für Seminare, Kurse, Zertifikatslehrgänge und IHK-Weiterbildungsprüfungen – zentral gebündelt und überregional recherchierbar. Es bündelt Angebote für Neulinge sowie erfahrene Ausbilderinnen und Ausbilder.

Mehr Infos: WIS | IHK

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