Stolz zeigt Armin Talic seine Kniehebelpresse, die er im ersten Ausbildungsjahr konstruiert und gebaut hat. „Bis auf die Schrauben ist hier alles selbst gemacht“, sagt der 19-Jährige, der bei König Metall zum Werkzeugmechaniker ausgebildet wird. Die Presse ist das erste große Projekt, an dem die Auszubildenden des Metallverarbeitungsunternehmens im baden-württembergischen Gaggenau arbeiten. In der Berufsschule fertigen sie die Zeichnungen an, an der Werkbank in der Ausbildungswerkstatt werden die Teile hergestellt. „Dabei entstehen jedes Jahr die tollsten Entwürfe, und die Azubis lernen unglaublich viel, denn die Aufgabe deckt viele Punkte des Ausbildungsrahmenplans ab, von der Werkstoffkunde bis zu den verschiedenen Fertigungstechniken“, sagt Andre Reinbold, Ausbilder bei König Metall.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und mehr junge Menschen ausbilden zu können, hat das Unternehmen vor fünf Jahren eine Ausbildungsoffensive gestartet. In der „König Metall Academy“, einem eigens für die Ausbildung errichteten Gebäude, befindet sich unter anderem eine Ausbildungswerkstatt mit modernem Maschinenpark und eigener Werkbank für jeden Azubi. Derzeit bildet das Familienunternehmen 40 Auszubildende in neun verschiedenen Berufen aus, die meisten davon in der Metallverarbeitung. Durch den Bau der Ausbildungswerkstatt konnte die Zahl der Auszubildenden in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden.
Wünsche der Azubis werden berücksichtigt

„Wie überall, sind auch bei uns die Bewerberzahlen rückläufig, und wir müssen uns als Ausbildungsbetrieb an diese Situation anpassen. Hauptsache Ausbildungsplatz, das war vielleicht noch vor zehn Jahren das Wichtigste. Heute wollen junge Menschen einen Arbeitsplatz, an dem sie sich wohlfühlen und an dem sie wertgeschätzt werden“, sagt Reinbold, der wie viele andere Mitarbeiter selbst bei König Metall gelernt hat und seit 20 Jahren dabei ist. Entscheidend sei die Nähe zu den Auszubildenden. Das ist auch räumlich zu verstehen : Das gläserne Büro der drei hauptamtlichen Ausbilder befindet sich inmitten der Ausbildungswerkstatt. Darüber hinaus gibt es in jeder Abteilung des Unternehmens mindestens einen Ausbildungsbeauftragten. Regelmäßige Feedbackgespräche und gemeinsame Zielvereinbarungen sind fester Bestandteil der Ausbildung.

›› Da wir sehr nah an den Azubis dran sind, bekommen wir schon früh einen Eindruck, welches Potenzial sie haben. ‹‹
Andre Reinbold, Ausbilder
„Wir bilden mit der Überzeugung aus, dass jeder Mensch einzigartig ist und individuelle Stärken hat, die wir im Rahmen der Ausbildung fördern wollen“, sagt Reinbold. „Oft wissen die Azubisam Anfang selbst gar nicht, wo diese Stärken liegen. Da wir im Alltag sehr nah an ihnen dran sind, bekommen wir schon früh einen Eindruck, in welche Richtung sie sich entwickeln und welches Potenzial sie haben.“
Der Auszubildende Mandela Asseno hat eigentlich Maschinen- und Anlagenführer gelernt. „Mein Traum war es immer, Werkzeugmechaniker zu werden“, sagt der 34-Jährige. Jetzt steht er kurz vor dem Abschluss und hat gerade seinen Arbeitsvertrag für eine unbefristete Übernahme nach der Ausbildung unterschrieben. „Wenn sich herausstellt, dass ein anderer Beruf besser passt, ermöglichen wir unseren Azubis gerne einen Wechsel, auch wenn das unserer ursprünglichen Personalplanung widerspricht“, sagt Reinbold. Auch Auslandsaufenthalte und eine Anpassung der Arbeitszeit wurden auf Wunsch der Azubis ermöglicht.
Nachhilfelehrer und Lernbegleiter unterstützen
Regelmäßig erhalten die Auszubildenden im Betrieb Nachhilfeunterricht durch externe Dozenten. Auch eine individuelle Prüfungsvorbereitung wird ermöglicht. „Für manche Ausbildungsbetriebe ist die Theorie reine Schulsache, das sehen wir anders. Bei uns ist sie eng mit der Praxis verzahnt. Deshalb pflegen wir auch einen engen Austausch mit der Berufsschule“, so Reinbold. Gleiches gilt für die Lernbegleiter des örtlichen Caritasverbandes, zu denen die Ausbilder bei Bedarf Kontakt herstellen und die die Auszubildenden während ihrer Ausbildung individuell begleiten.
Reinbold und seine Kollegen unterstützen auch bei Sprachbarrieren, im Umgang mit Behörden, bei der Wohnungssuche oder bei privaten Problemen. „Unsere Auszubildenden wissen, dass wir immer ein offenes Ohr für sie haben und sie sich uns anvertrauen können. In der Vergangenheit sind einige auch mit sehr persönlichen Problemen zu uns gekommen, und wir haben immer gemeinsam Lösungen gefunden.“

›› Der Umgang ist humorvoll und auf Augenhöhe, und individuelle Wünsche werden berücksichtigt. ‹‹
Mert Hermantepe, Auszubildender
In der Werkstatt ist jeder mit jedem per Du. „Ich habe ein paar Wochen gebraucht, um mich daran zu gewöhnen. Aber es hat die Distanz zwischen uns und den Ausbildern von Anfang an deutlich verringert“, erzählt Mert Hermantepe, Auszubildender im dritten Lehrjahr. Durch seine offene, kommunikative Art und sein soziales Engagement ist er den Ausbildern schon früh aufgefallen. Als Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) bei König Metall setzt er sich für die Belange der Auszubildenden ein. Außerdem vertritt er das Unternehmen regelmäßig bei Ausbildungsveranstaltungen. „Es herrscht eine familiäre Atmosphäre, man spricht offen und ehrlich miteinander. Der Umgang ist nicht ernst und distanziert, sondern humorvoll und auf Augenhöhe, und individuelle Wünsche werden berücksichtigt. Das wissen alle Auszubildenden hier zu schätzen.“