Da geht noch was!

Frank Wittkowski und Verena Mannert
Frank Wittkowski und Verena Mannert stehen ihrem Arbeitgeber unabhängig von Alter und Familiensituation in Vollzeit zur Verfügung © Elke Zapf
Viele Arbeitsstellen in Deutschland können nicht besetzt werden, obwohl es ein großes und bereits vorhandenes Arbeitskräftepotenzial gibt. Wie kann es besser ausgeschöpft werden? Konkrete Ansätze dafür finden sich bei dem Familienunternehmen Uzin Utz, eine Studie gibt weitere Tipps zum Thema.
Johanna Tüntsch & Elke Zapf
Johanna Tüntsch
© Klaudius Dziuk
Elke Zapf
© privat

Eine Sache steht für Frank Wittkowski fest: „Ich arbeite, solange ich will, denn ich liebe meinen Job.“ Mit seinen 62 Jahren gehört er bei Uzin Utz, einem Hersteller für Bauchemie, zu einem Team von rund 460 Personen am Standort Ulm, weltweit umfasst die Belegschaft rund 1.500 Köpfe.

Generationenmix als Erfolgsstrategie

Ganz bewusst achte man auf eine gemischte Altersstruktur, sagt Tanja Peter, Kommunikationsverantwortliche des Unternehmens: „Ältere haben Erfahrung, großes Wissen und unternehmerischen Umgang. Die Jungen müssen vieles erst kennenlernen, bringen aber neues Know-how mit. Für uns ist eine Mischung aus beiden extrem wichtig.“ Eine Kultur, die Persönlichkeiten und Menschen gerecht wird, stehe im Mittelpunkt der Strategie des Familienunternehmens, das die Brüder Philipp und Julian Utz in der vierten Generation gemeinsam leiten.

Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Es gibt verschiedene Angebote und Modelle zugunsten der Gesundheit der Mitarbeiter. Dazu gehören Beispiele, in denen Mitarbeitende über 60 Jahren zur Entlastung eine jüngere Person an die Seite gestellt bekamen, außerdem konkrete Hilfen, die bei körperlichen Arbeiten entlasten, ein eigener Sportraum und das Angebot von Massagen und Rückenschulungen. Wer das Alter von 55 Jahren oder im kaufmännischen Bereich von 57 Jahren erreicht hat, hat Anspruch auf wöchentlich 2,5 Stunden mehr Freizeit, die sich optional auch aufsparen lassen – für längere Urlaube bis hin zum Sabbatical.

Altersfragen? Spielen im Team keine Rolle!

In seinem gemischten Team habe gerade ein neuer Kollege mit Anfang 30 angefangen, sagt Wittkowski, der bei Uzin Utz den Bereich Corporate Business Development leitet, und schildert, dass Altersfragen im Alltag keine Rolle spielen: „Wenn wir Teamtagungen machen, denken wir nicht darüber nach, wer etwas sagt, sondern Meinungen werden zusammengeführt.“ Das gute Klima innerhalb des Teams, das auf diese Weise entsteht, trage dazu bei, dass Menschen wie er noch lange nicht ans Aufhören denken: „Kollegen sind ein wichtiger Faktor, warum man gerne bleibt.“

In der Gruppe der älteren Beschäftigten liegt großes Potenzial, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Das zeigt eine Studie des Institutes für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) an der Universität Tübingen, die die Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegeben hat. Ein weiterer Personenkreis, den sie identifiziert: teilzeitarbeitende Frauen. „Die größten Arbeitskräftepotenziale liegen in einer Erhöhung der Arbeitszeit. Es gibt viele Menschen, die mehr arbeiten könnten, aber die Rahmenbedingungen lassen das nicht zu oder setzen falsche Anreize“, kritisiert Gisela Meister-Scheufelen, die die Studie wissenschaftlich begleitete.

Der Weg zurück – flexible Arbeitsmodelle ermöglichen Karriere!

Auch hier macht das Familienunternehmen Uzin Utz vor, welche Lösungen es gibt: Verena Mannert, frühere Mitarbeiterin im Marketing, stieg nach einer Familienpause wieder ein – als Assistentin des Vorstandsmitglieds Philipp Utz. Von zunächst 50 Prozent wechselte sie schrittweise auf 70, 80 und schließlich 100 Prozent der Arbeitszeit, „um erst einmal zu schauen, wie sich das verträgt“, beschreibt die Mutter von drei kleinen Kindern.

Ermutigt fühlte sie sich durch die hohe Wertschätzung, mit der ihr der Weg zurück ins Unternehmen ermöglicht wurde, nachdem sie mit ihrer früheren Kollegin über die freie Stelle gesprochen hatte: „Ein paar Tage später rief mich Herr Utz persönlich an und wollte wissen, ob ich zurückkomme.“ Nun arbeitet sie zwei Tage pro Woche im Büro und drei Tage im Homeoffice. Das kooperative Miteinander zeigt sich aber nicht nur bei der Arbeitszeitgestaltung, sagt Verena Mannert, sondern auch im gelassenen Umgang mit Situationen, wenn Kinder im Hintergrund Krach machen, während der Chef anruft: „Auch da ist er flexibel, er hat auch Familie.“


Literaturtipp: DIHK-Positionspapier

Die DIHK-Broschüre „Arbeits- und Fachkräftesicherung in herausfordernden Zeiten“ bietet Betrieben zahlreiche weitere Empfehlungen zu der Frage, wie sie noch Arbeitskräftepotenziale heben können – etwa durch die Ausweitung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten, durch flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, durch Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Beschäftigung Älterer sowie von Menschen mit Behinderungen. Kostenfreier Download unter
www.dihk.de


5 Tipps für Unternehmen – 
so können Sie eigene Potenziale heben

    • Erleichtern Sie Wiedereinsteigern die Rückkehr:
      Unterstützen Sie Mitarbeiter, die nach einer Pause wieder in den Beruf einsteigen wollen, mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und speziellen Programmen zum Ausgleich von Wissenslücken, die durch eine berufliche Auszeit entstanden sein können.

    • Helfen Sie Eltern bei der Suche nach Betreuungsplätzen:
      Es muss nicht immer ein Betriebskindergarten sein – verschiedene Formen der Kooperation machen es Firmen möglich, Mitarbeitenden Betreuungsplätze für Kinder anzubieten. Das erleichtert Eltern das Aufstocken ihrer Arbeitszeit.

    • Bilden Sie generationenübergreifende Teams:
      Tandems aus jüngeren und älteren Arbeitnehmenden unterstützen den Wissenstransfer in beide Richtungen und können dazu beitragen, dass ältere Arbeitnehmende über das übliche Renteneintrittsalter hinaus Freude an ihrer Arbeit haben.

    • Ermöglichen Sie Führung in Teilzeit:
      Ermöglichen Sie qualifizierten Angestellten Führungsverantwortung – auch dann, wenn sie aus persönlichen Gründen nur in Teilzeit arbeiten können. So zeigen Sie Vertrauen, 
stärken die Motivation und die Bindung ans Unternehmen.

    • Zeigen Sie Wertschätzung für ältere Arbeitnehmer:
      Aus jahrzehntelanger Praxis ergeben sich oft wertvolle 
Einblicke und eine hohe Kompetenz zu praktischen Lösungen. Nehmen Sie das bei erfahrenen Team-Mitgliedern nicht selbstverständlich hin, sondern motivieren Sie durch Anerkennung für diesen Wissensschatz.

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