Stramm­gestanden, Lehrlinge!

Stramm­gestanden, Lehrlinge!
Holger Müller (Jahrgang 1969) machte zunächst eine Ausbildung in einem Schmuckunternehmen und arbeitete anschließend als Diamantengutachter, bevor er sein Leben der Bühne verschrieb. Mit der Figur des Ausbilders Schmidt bläst er seit 20 Jahren seinem Publikum den Marsch © Timo Müller
Wie knallhart muss eine Lehre sein? Und darf es auch mal was zum Lachen geben? Ein Gespräch mit dem Ausbilder schlechthin: dem Comedian Holger Müller alias Ausbilder Schmidt. Markenzeichen: Bundeswehruniform, Barett, Befehlston. Im Interview mit POSITION spricht er darüber, warum zu viel Strenge in der Ausbildung kontraproduktiv ist – und wie man stattdessen mit Humor Azubis erreicht.
Agnes Mayer
Agnes Mayer
Freie Journalistin

Herr Müller, in Ihrer Vita schreiben Sie von Ihrer langweiligen Ausbildung zum Industriekaufmann. Was hat Ihnen gefehlt, um sich für diesen Beruf begeistern zu lassen?

Ganz so langweilig war es rückblickend nicht. Der Unterricht an der Schule war tatsächlich staubtrocken, in der Firma selbst hatte ich dagegen viel Spaß. Damals war gerade die Mauer gefallen und meine Ausbilder hatten mich mitgenommen auf erste Außentermine in den Osten. Einer davon stand kurz vor der Rente und war unglaublich erfahren in seinem Beruf. Da sind zwei Generationen aufeinandergeprallt, trotzdem war immer ein gegenseitiger Respekt da. Abends bei einem Feierabendbier wurde die Stimmung auch mal lockerer. Das waren besondere Momente und eine spannende Zeit.

Nach über 3.000 Live-Auftritten und einem eigenen Kinofilm, betreibt Holger Müller heute eine Kleinkunstbühne auf Ostfriesland © Guido Schröder

Heute ist es Ihr Beruf, Menschen zum Lachen zu bringen. Auf der Bühne geben Sie als Ausbilder Schmidt den knallharten Typ und erreichen damit ein großes Publikum. Doch kann man im Arbeitsalltag mit einem solchen Befehlston wirklich jemanden erreichen?

Die Rolle ist natürlich total überspitzt. Ausbilder Schmidt käme so im realen Leben nirgends durch, so sollte wirklich niemand mit anderen umgehen. Die Figur nimmt die Menschenführung bei der Bundeswehr auf den Arm. Ausbilder können gerne den ein oder anderen Spruch übernehmen – aber immer nur mit einem Augenzwinkern.

Wie viel Spaß sollte in der Lehre erlaubt sein ? Wie witzig darf ein Ausbilder sein?

Eine Ausbildung ist ja dazu da, etwas präzise zu lernen. Wie man ihnen das vermittelt, dafür gibt es keine klare Linie und kein richtiges Maß an Humor. Denn der lässt sich nicht erzwingen. Aus einem steifen Ausbilder wird nie ein superwitziger. Wichtig ist vor allem, dass man authentisch ist und seine Azubis ernst nimmt. Allerdings sollte man immer versuchen, Humor zuzulassen und ihm Raum zu geben.

Wieso? Was kann Humor am Arbeitsplatz bewirken?

In der gesamten Kommunikation ist Humor ein Trumpf : Er schlägt Brücken, gemeinsames Lachen verbindet und schafft ein starkes Miteinander. Das alles wirkt sich positiv auf das Arbeitsklima aus und sorgt dafür, dass alle motivierter und produktiver sind. Azubis finden dann ein Umfeld vor, in dem sie nicht ständig die Schultern einziehen müssen und das sie auffängt, wenn mal ein Fehler passiert.

Wie schafft man als Ausbilder solche lustigen Momente im Arbeitsalltag?

Am Arbeitsplatz herrscht meist ein ernster, sachlicher Ton. Gelegenheiten zum gemeinsamen Lachen müssen dann erst noch entstehen, um Humor aus Mitarbeitern herauszukitzeln. Platz dafür ist etwa kurz vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend.

Ausbilder können zum Beispiel ihre Azubis einmal mitnehmen zu einem Kabarett oder einer Comedyshow. Oder sie am Morgen mit einem Mini-Kickoff abholen, bei dem alle gemeinsam herumwitzeln können. Quasi ein humoristischer Morgenappell !

Fünf Tipps von Ausbilder Schmidt für Ausbilder

  1. Witz und Wir-Gefühl: Wer gemeinsam lachen kann, kann auch gemeinsam schwierige Aufgaben meistern. Denn das verbindet.
  2. Komik folgt Kritik: Kritik muss manchmal sein. Damit sie von Azubis angenommen wird, hilft es, sie mit einem lockeren Spruch zu beenden.
  3. Platz für Pointen: Witze wirken erst, wenn man ihnen den Raum gibt, erzählt zu werden. Schaffen Sie als Ausbilder Gelegenheiten dazu.
  4. Chemie statt Clown: Jeder reagiert anders auf Humor. Achten Sie darauf, wo eher feine Wortspielereien wirken und bei wem ein platter Spruch zündet.
  5. Ulken nach Uhrzeit: Auch wenn es während der Arbeit hochkonzentriert zugehen muss, lässt ein Gag am Morgen gut gelaunt in den Tag starten.

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