Gutes tun und daran wachsen

Familienunternehmen Orthmol unterstützt Ehrenamt während der Ausbildung
Einsatz für die gute Sache: Azubi Sophie Bade (links), Personal Managerin Denise Mancuso (r.) und Orthomol-Inhaber Nils Glagau, bekannt als Juror in der Sendung "Die Höhle der Löwen", der das ehrenamtliche Engagement seiner Mitarbeitenden unterstützt © Andreas Wiese
Viele junge Menschen möchten sich neben oder während der Ausbildung ehrenamtlich engagieren. Wie Arbeitgeber sie dabei unterstützen und gleichzeitig davon profitieren können, zeigt das Beispiel des nordrhein-westfälischen Familienunternehmens Orthomol.
Sylvia Rollmann
Sylvia Rollmann
Freie Journalistin © Karin Maigut

Bei diesem Turnier gibt es keine Verlierer. Wenn die Auszubildenden der Langen­felder Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH zum Benefiz-Fußball einladen, geht es um mehr als Tore, leckeres Essen oder Losglück bei der Tombola. Es geht um den Einsatz für die gute Sache. „Mit dem Erlös unterstützen wir Kinder, die in der Kinder-Onkologie der Uni­klinik Düsseldorf behandelt werden müssen“, erklärt Sophie Bade, Auszubildende zur Indus­triekauffrau im zweiten Jahr. „Es ist ein gutes Gefühl, gemeinsam etwas Sinnhaftes zu tun und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können.“

Monatelange Vorbereitung war nötig, um die elfte Auflage des Charity-Fußballturniers auf die Beine zu stellen. Mannschaften und Schiedsrichter, Technik und Tombola-Preise, Essensspenden, Stände und Helfer – auch diesmal lag die Planung und Umsetzung in den Händen der Auszubildenden, die dafür von Orthomol freigestellt und während des Events von mehr als 80 Kollegen unterstützt wurden. „Wir hatten viel Spaß, haben toll zusammengearbeitet und viel gelernt“, sagt Sophie Bade. Das Turnier eigenverantwortlich umsetzen zu dürfen, habe sie offener und selbstbewusster gemacht. „Davon kann ich bei der Arbeit und in meiner Freizeit profitieren.“

Motivation und Mitarbeiterbindung fördern

Sophie Bade war schon als kleines Mädchen ehrenamtlich aktiv, zog als Sternsingerin von Haus zu Haus und sammelte Spenden für bedürftige Kinder. Am Wunsch, Gutes zu tun, hat sich bis heute nichts geändert. So ist die 23-Jährige neben ihrem Engagement für das Charity-Turnier als ehrenamtliche IHK-Ausbildungsbotschafterin im Einsatz, informiert an Schulen und auf Messen über ihren Beruf, den Weg dorthin und die vielfältigen Karrierechancen. „Viele Jugendliche wissen nicht, was sie nach der Schule machen sollen. Ich möchte ihnen helfen, den richtigen Beruf zu finden und sie für eine Ausbildung begeistern – vielleicht ja bei Orthomol.“

Beim Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln mit mehr als 550 Mitarbeitenden, davon 18 Azubis, wird ehrenamtliches Engagement unterstützt. Sei es die schnelle Hilfe im Katastrophenfall – wie etwa nach der Flut im Ahrtal, regelmäßiges Kochen für Obdachlose oder der Einsatz als Prüfer bei der IHK – „wir stehen Mitarbeitenden nach Kräften zur Seite, wenn sie Menschen in Not helfen oder gemeinnützig tätig werden wollen, dazu gehört in einigen Fällen auch, sie bezahlt freizustellen“, sagt Denise Mancuso, Ausbilderin und Personal Managerin bei Orthomol. Das sei nicht nur zum Wohle der Gesellschaft, sondern fördere auch die Motivation der Beschäftigten und deren Bindung ans Unternehmen.

Michael Knappstein, Professor für Personalmanagement an der International School of Management in Dortmund
Michael Knappstein, Professor für Personalmanagement an der International School of Management in Dortmund © privat

›› Junge Leute möchten etwas Sinnstiftendes tun, ihr Umfeld mitgestalten und einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft leisten. ‹‹

Michael Knappstein

In Deutschland engagiert sich gut ein Drittel der 18- bis 29-Jährigen freiwillig oder ehrenamtlich – besonders häufig im Sport, aber auch in Kirchen, religiösen Gemeinschaften, bei Rettungsdiensten oder der freiwilligen Feuerwehr, so das Ergebnis der Zeitverwendungserhebung 2022. „Junge Leute möchten etwas Sinnstiftendes tun, ihr Umfeld mitgestalten und einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft leisten“, erklärt Michael Knappstein, Professor für Personalmanagement an der International School of Management in Dortmund. „Ein Ehrenamt bietet auch die Chance, neue Kontakte zu knüpfen und Netzwerke aufzubauen – jenseits der digitalen Welt.“

Ob jung oder alt – Mitarbeitende bei ihrem Einsatz für die gute Sache zu unterstützen, sei eine ehrenwerte und zugleich lohnende Aufgabe, betont Knappstein. „Arbeitgeber verbessern damit nicht nur die Work-Life-Balance ihrer Beschäftigten, sondern auch deren Zufriedenheit und Produktivität.“ Zudem kämen soziale oder fachliche Kompetenzen, die im Ehrenamt erworben würden, im Berufsalltag dem Betrieb zugute. Und auch das haben Knappsteins Studien gezeigt: Unternehmen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen oder ihre Mitarbeitenden darin bestärkten, sind attraktiver für Bewerber und Kunden. „Insbesonderekleine und mittelständische Unternehmen können sich auf diese Weise von Mitbewerbern abheben.“

Unternehmen können ganz praktisch unterstützen

Wie das in der Praxis gelingt? Neben flexiblen Arbeitszeiten oder bezahlter Freistellung könnten Unternehmen ihre Fahrzeuge, Gerätschaften oder Räume zur Verfügung stellen oder Mitarbeitenden erlauben, die Firmen-IT für ihre ehrenamtliche Arbeit zu nutzen, erläutert Knappstein. Auch eigene Corporate-Volunteering-Aktionen, für die sich Beschäftigte freiwillig melden, sowie Geld- oder Sachspenden erleichtertenden gemeinnützigen Einsatz. Ebenfalls wichtig: Wertschätzung – zum Beispiel über eine Auszeichnung oder einen Artikel im Intranet. „Für den Arbeitgeber sind die Kosten überschaubar, für den Ehrenamtler macht diese Unterstützung aber einen großen Unterschied.“

In Langenfeld war der Einsatz der Orthomol-Azubis erneut ein voller Erfolg. Beim Benefiz-Fußballturnier kamen knapp 6.000 Euro zusammen, die von der Unternehmerfamilie um den „Höhle-der-Löwen“-Juror Nils Glagau und von weiteren Unterstützern auf insgesamt 30.000 Euro aufgestockt wurden. „Es ist eine großartige Erfahrung, dass wir mit unserem Einsatz so viel Gutes bewirken konnten“, sagt die angehende Industriekauffrau Sophie Bade. „Denen zu helfen, die dringend Hilfe benötigen – das gibt mir unendlich viel zurück.“


Azubis im Ehrenamt – Vorteile für Arbeitgeber

  • Image verbessern : Unternehmen, die soziale Verantwortung übernehmen und sich für die Gesellschaft stark machen, genießen öffentliche Aufmerksamkeit und hohes Ansehen. Maßnahmen wie die Freistellung der Mitarbeitenden fürs Ehrenamt oder firmeneigene Corporate-Volunteering-Aktivitäten steigern die Attraktivität gegenüber Kunden, der bestehenden Belegschaft und potenziellen Bewerbern.
  • Kompetenzen stärken : Wer sich freiwillig für Menschen, Tiere oder die Natur einsetzt, hat die Chance, neue Fähigkeiten zu erlernen und bestehende zu verbessern. Kompetenzen wie Team-, Kommunikations- und Organisationsfähigkeit werden gefördert und kommen auch dem Arbeit im Betrieb zugute kommen.
  • Sinn stiften : Gerade junge Menschen möchten ihre Talente und Fähigkeiten sinnstiftend einbringen, sich neuen Herausforderungen stellen und Einfluss nehmen. Ein Ehrenamt gibt Ihnen Gelegenheit, Verantwortung zu übernehmen, Dinge zu bewegen und zu verbessern. Das steigert die persönliche Zufriedenheit und stärkt das Selbstwertgefühl, was sich vorteilhaft auf das Berufsleben auswirken kann.
  • Teambuilding : Engagieren sich Mitarbeitende gemeinsam in gemeinnützigen Projekten, fördert das die Kommunikation, den Zusammenhalt und die Beziehung der Kollegen untereinander. Die Erfahrung, im Team etwas Positives zu erreichen, stärkt Teamgeist, Moral und die Bindung zum eigenen Unternehmen.

Freistellung – ja oder nein?

Ehrenamtliches Engagement sollte außerhalb und nicht während der Arbeitszeit stattfinden. Einen grundsätzlichen Anspruch auf eine bezahlte oder unbezahlte Befreiung von der Arbeit haben Mitarbeitende nicht. Unternehmen müssen sie nur dann freistellen, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit im öffentlichen Interesse liegt. Dazu zählt beispielsweise ein Engagement als Schöffe oder der Notfalleinsatz im Katastrophenschutz. Für wie viele Tage im Jahr ein Mitarbeitender freigestellt werden muss und ob er während der Freistellung weiter sein Gehalt bekommt, regeln vorwiegend Landesgesetze.

Teilen Sie diesen Beitrag mit Ihrem Netzwerk

Weitere Beiträge für Sie

Lust auf Position?

Impulse, Tipps und Ideen für ihre nachhaltige Fachkräftesicherung finden Sie auch im aktuellen Heft. POSITION richtet sich in erster Linie an Ausbilder, Prüfer und Personalverantwortliche in den IHK-Mitgliedsbetrieben. Die Bestellung erfolgt über Ihre IHK oder unseren Verlag.

Keine Ausgabe mehr verpassen

Sie wollen wichtige Impulse, Tipps und Ideen für Ihre nachhaltige Fachkräftesicherung regelmäßig auf Ihrem Schreibtisch haben? Als Ausbilder, Prüfer oder Personalverantwortlicher interessieren Sie sich für die zielgruppengerechten Angebote der IHK-Organisation zur Aus- und Weiterbildung und für bildungspolitische Vorschläge?

Nutzen Sie am besten und einfachsten das nebenstehende Aboformular – auch, wenn Sie POSITION nur mal unverbindlich testen wollen. Wir melden uns dann umgehend bei Ihnen!

Kontakt zur Redaktion

Wie gefällt Ihnen POSITION? Ihre kritischen wie wohlwollenden Hinweise interessieren uns sehr! Denn nur so erfahren wir, ob wir Ihnen mit unserem Magazin den gewünschten Mehrwert liefern und was wir noch besser machen können. Auch an Ihren Themenvorschlägen sind wir jederzeit interessiert. Deshalb: Vielen Dank, dass Sie mit uns in Kontakt treten wollen! Bitte füllen Sie die nebenstehenden Felder aus. Selbstverständlich wird jede Zuschrift vertraulich behandelt.