Wie man sich als Asylsuchender in einem fremden Land fühlt, weiß Ali Reza Abbasi ganz genau. Der Geschäftsführer der Last Point Solutions GmbH in Gerlingen bei Stuttgart kam vor 30 Jahren aus dem Iran nach Deutschland, „mit 75 Dollar in der Tasche“, wie er sich erinnert. Abbasi hatte Glück. Sein Asylantrag wurde anerkannt, er lernte schnell Deutsch, und weil er in seiner Heimat bereits ein Studium der Betriebswirtschaft angefangen hatte, klappte es auch mit dem Einstieg in die Arbeitswelt: In eben jenem Gerlinger Unternehmen, dessen Chef und Mitgesellschafter er heute ist, trat Abbasi seine erste Stelle an.
„Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich diese Chance in Deutschland bekommen habe“, sagt der heute 54-jährige Firmenchef. 2011 absolvierte er eine IHK-Weiterbildung zum Medienfachwirt. Als er sieben Jahre später gemeinsam mit zwei weiteren Partnern den Management-Buy-out des Unternehmens aus der Insolvenz plante, ließ er sich im Geschäftsbereich Starthilfe und Unternehmensförderung der Kammer beraten. Die Betriebsübernahme fiel in die Zeit der großen Flüchtlingswelle. Als ehrenamtliche Flüchtlingshelfer bei Last Point Solutions anklopften, um nach Arbeitsmöglichkeiten für ihre Schützlinge zu fragen, mussten sie nicht lange bitten. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, in einem neuen Land Fuß zu fassen“, erklärt Abbasi. „Was man am dringendsten braucht, ist ein Schub, der einen motiviert.“
Zugute kam ihm dabei, dass er in Lager und Produktion auch Jobs anbieten konnte, für die man zunächst keine tieferen Sprachkenntnisse braucht. Die Gerlinger Firma ist unter anderem Dienstleister für Versand und Finishing von Postsendungen sowie Anbieter von Fulfillment-Lösungen und IT Services. Sie beschäftigt neben zehn festen Mitarbeitern meist 30 bis 40 Aushilfen. Rund ein Drittel hiervon sind auch heute noch Flüchtlinge, außerdem bilden Abbasi und seine Kollegen zwei junge Migranten aus dem Kosovo zu Kaufleuten für Bürokommunikation aus.
„Was man am dringendsten braucht, ist ein Schub, der einen motiviert.“
Ali Reza Abbasi, last point solutions gmbh
Auch bei der Beschäftigung von Flüchtlingen hat Abbasi wieder die Hilfe der IHK in Anspruch genommen – konkret: der KAUSA-Beratungsstelle in Stuttgart. In den Jahren 2013 bis 2019 haben die IHK-Mitarbeiter hier über 2.020 Jugendliche und junge Erwachsene beraten – davon knapp 1.400 Flüchtlinge und mehr als 600 Migranten. 330 von ihnen konnten in Ausbildung oder in ein vorangehendes Praktikum wie etwa ein Einstiegsqualifikations-Praktikum (EQ) bei IHK-Mitgliedsunternehmen in der Region Stuttgart vermittelt werden. 450 Unternehmen nahmen die Beratung der KAUSA in Anspruch, davon wurden 200 von einem Inhaber geführt, der selbst Migrationshintergrund hat.
Erfolge, über die sich der Stuttgarter KAUSA-Leiter Muhammet Karatas freut. Das Netzwerk aus Schulen, Lehrern, Unternehmen, Betreuern und Beratern sei mittlerweile eingespielt, die meisten Flüchtlinge hätten eine gewisse Sprachkompetenz erlangt und könnten so leichter in Unternehmen vermittelt werden. „Die Geflüchteten werden von den ausbildenden Unternehmen jetzt als ganz normale Bewerber und als potenzielle Fachkräfte angesehen“, so Karatas. Die sozialen Motive stünden nicht mehr so im Vordergrund wie am Anfang, als es den Betrieben vor allem darum ging, etwas zur Integration der vielen Zugewanderten beizutragen.
Seit dem vergangenen Jahr widmen sich Karatas und seine Kollegen von der KAUSA wieder vor allem der Aufgabe, Betriebsinhaber mit Migrationshintergrund für die duale Berufsausbildung zu gewinnen – ein Potenzial, das noch lange nicht ausgeschöpft sei, wie Karatas versichert.
Das Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ will Unternehmen unterstützend vernetzen, die Geflüchtete aufnehmen.
www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de
Alle angebotenen Leistungen sind kostenlos.