Guido Fussel, Personalleiter der Kölner Früh-Brauerei, erinnert sich lebhaft an die erste unternehmenseigene Ausbildungsmesse im Sommer 2023: „Wir waren anfangs skeptisch, ob unsere Idee Anklang finden würde. Doch der Blick aus dem Fenster zeigte: Eine lange Schlange wartete vor unserer Tür.“ Der Erfolg der Veranstaltung war nicht zuletzt dem ungewöhnlichen Termin – dem ersten Tag der Sommerferien – sowie der Möglichkeit geschuldet, direkt vor Ort Ausbildungsverträge abzuschließen. Rund 20 Unternehmen waren damals beteiligt. Die Brauerei Früh konnte sich mit mehreren Jugendlichen einig werden. Nach dem Erfolg der Premiere wurde die Messe in diesem Jahr erweitert: 40 Unternehmen präsentierten sich, erneut wurden am ersten Ferientag mehrere Ausbildungsverträge abgeschlossen. Als Partner waren diesmal die IHK Köln, die HWK Köln und die Agentur für Arbeit dabei. Für Guido Fussel ist klar, warum die Messe funktioniert: „Das Thema Ausbildung hat bei uns höchste Priorität. Unser gesamtes Team steht hinter der Veranstaltung, und unsere eigenen Auszubildenden sind maßgeblich an der Planung und Umsetzung beteiligt. Wichtig ist vor allem der persönliche, offene Kontakt – auf Augenhöhe.“
Persönlicher Kontakt wichtig
Diese Beobachtungen decken sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Ausbildungsplattform azubiyo: Fast 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler möchten potenzielle Arbeitgeber auf Messen persönlich kennenlernen. Für viele junge Menschen sind solche Veranstaltungen ein erster Schritt im Entscheidungsprozess.

›› Es gibt 325 Ausbildungsberufe – wer weiß schon genau, was hinter den Berufsbezeichnungen steckt? ‹‹
Susanne Peters, Einstieg Concept
Susanne Peters, Leiterin von Einstieg Concept, hat seit 20 Jahren Erfahrung mit Ausbildungsmessen. Ihrer Meinung nach ist die Herausforderung oft die schiere Vielfalt an Möglichkeiten: „Es gibt 325 Ausbildungsberufe – wer weiß schon genau, was hinter den Berufsbezeichnungen steckt?“ Die Unsicherheit betreffe auch die Eltern der Jugendlichen. „Corona hat vieles erschwert. Ohne Praktika und Messen fehlten wichtige Impulse. Online-Formate sind dafür kein Ersatz – sie wirken oft anonym und laden nicht zur Interaktion ein.“
Laut Peters sind vor allem niederschwellige Angebote der Schlüssel. Ein attraktiver Stand mit freundlichen Ansprechpersonen ist essenziell. Sie empfiehlt: „Überlegen Sie sich, wie Sie am besten ins Gespräch kommen – ein kleines Quiz, eine Challenge oder interaktive Angebote lockern die Atmosphäre. Besonders wertvoll ist es, wenn junge Mitarbeitende oder Auszubildende am Stand vertreten sind. Sie können aus eigener Erfahrung berichten und geben den Jugendlichen Einblicke in den Arbeitsalltag.“

Ein Beispiel auf der Messe “Einstieg Berlin”: der interaktive Truck von EDEKA. Für Hannah Stenke, Fachreferentin Ausbildungsmarketing bei der IHK Berlin, hat dieses Angebot genau ins Schwarze getroffen: „Dort wurde spielerisch die Erlebniswelt der Einzelhandels-Ausbildung im Food-Bereich dargestellt.“ Hat sich der Aufwand gelohnt? Björn Petereit vom Team Personalmarketing bei der EDEKA Minden-Hannover, meint ja: „Mit unserem EDEKA Talente Truck waren wir erneut ein beliebter Anlaufpunkt für eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern. Wir konnten ihnen dabei, sowohl im persönlichen Gespräch als auch über die interaktiven Spielstationen, unsere zahlreichen Einstiegsmöglichkeiten im Einzelhandel, in der Logistik und der Schäfer’s-Produktion näherbringen.“

Schnelle Reaktion erwünscht
Was passiert nach der Messe? „Schnelligkeit ist entscheidend“, sagt Peters. Eine schnelle Rückmeldung signalisiert Wertschätzung und Professionalität. Laut der azubiyo-Studie erwarten 42 Prozent der Jugendlichen eine Antwort auf eine Bewerbung innerhalb von zwei bis drei Tagen, weitere 45 Prozent rechnen innerhalb einer Woche mit einem Feedback. „Selbst eine kurze Rückmeldung, dass die Unterlagen angekommen sind, ist wichtig. Geben Sie außerdem klar an, wann mit weiteren Schritten zu rechnen ist.“ Mit einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung wird eine Messe so zum Erfolg für beide Seiten.
Passende Messen finden
Die IHK vor Ort hat meist einen guten Überblick über die anstehenden Messetermine. Viele IHKs bieten selbst Speed-Datings oder auch regionale Orientierungsmessen an, häufig mit Kooperationspartnern.
Wer eine eigene Messe plant, sucht sich am besten institutionelle oder kommunale Partner.
11 Tipps für einen erfolgreichen Messe-Auftritt
- Jede Messe muss individuell geplant werden: Last-Minute mit sofortigen Vertragsabschlüssen, Orientierungsveranstaltung oder Speed-Dating brauchen unterschiedliche Vorbereitungen
- Im Vorfeld die eigenen Netzwerke aktivieren, auf Schulen zugehen und Kooperationspartner suchen
- Vor der Messe mit Social-Media-Aktivitäten auf das eigene Unternehmen aufmerksam machen
- Die Standbesetzung genau planen: Eigene Azubis, junge Leute mit einer empathischen und freundlichen Ausstrahlung mitnehmen
- Für einen niederschwelligen Gesprächseinstieg sorgen, zum Beispiel mit einem Quiz oder einer kleinen Challenge
- Kontaktmöglichkeiten anbieten, für ein Praktikum, einen Schnuppertag oder für ein Vorstellungsgespräch
- Anschauliche Infos zu den Berufen und auch zu möglichen Weiterentwicklungen zum Mitnehmen dabeihaben
- Genau beschreiben, was für eine Art von Bewerbung erwartet wird und eventuell Unterstützung geben
- Auf die Eltern zugehen, die häufig ebenfalls Beratung brauchen
- Nach der Messe schnell in Kontakt treten und fix auf Anfragen antworten
- Nicht die Geduld verlieren: Der Entscheidungsprozess ist für Jugendliche häufig langwierig