Wie ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt?
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren unmittelbar vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch viele junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Zugleich verzeichnete die bundesweite IHK-Lehrstellenbörse noch ca. 31.500 freie Stellen für das Jahr 2020. Der bildungspolitische Sprecher der bayerischen IHKs, Hubert Schöffmann, erklärte diese Zahl für seine Region recht plastisch: „Auf einen Suchenden kommen zwei freie Ausbildungsplätze“, sagt er. Trotz Corona zeige sich der Ausbildungsmarkt robust.
Spielt Corona etwa keine Rolle?
Doch. Die Krise habe dazu geführt, dass es bei der Besetzung freier Lehrstellen einen Zeitverzug von etwa sechs bis acht Wochen gebe, sagt DIHK-Ausbildungsexpertin Ulrike Friedrich. Auch deshalb komme der Nachvermittlung von jungen Menschen auf Lehrstellen in diesem Jahr eine besondere Bedeutung zu. Keine ganz einfache Aufgabe. Schöffmann sagt: „Branchen, die es auch sonst schwer haben, haben es in der Nachvermittlung doppelt schwer.“ Dazu gehörten etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe und der Einzelhandel.
Was sollten die ersten Schritte für suchende Betriebe sein?
Schöffmann und Friedrich empfehlen Unternehmen, zuallererst Kontakt mit der IHK vor Ort und der entsprechenden Agentur für Arbeit aufzunehmen – entweder persönlich oder über das Internet. Denn so ist es möglich, das eigene Lehrstellenangebot auf den zwei wichtigsten Online-Portalen zur Lehrstellensuche in Deutschland zu platzieren: eines betreiben die Kammern, eines die Bundesagentur für Arbeit. In diesem können Unternehmen die anonymisierten Profile von Lehrstellenbewerbern direkt online einsehen.
Welche Rolle spielen persönliche Netzwerke?
Nach Einschätzung von Schöffmann sind persönliche Bekanntschaften für die Suche nach Lehrlingen auch im digitalen Zeitalter ganz wichtig. „Nutzen Sie die Möglichkeiten des Guerilla-Marketings. Nutzen Sie Mitarbeiter, Kinder, Freunde, Bekannte als Multiplikatoren“, empfiehlt er Unternehmen. Die Idee: Jeder von ihnen sollte wissen, dass im Unternehmen noch Lehrstellen zu besetzen sind, dann spricht sich das rum.
Wie Friedrich ist auch Schöffmann überzeugt, dass diese Form der Azubi-Suche einen enormen Vorteil hat: Die Glaubwürdigkeit dieser Multiplikatoren ist aus Sicht eines potenziellen Lehrlings viel größer als die einer Stellenanzeige im Netz.
Das habe ich alles schon versucht. Was kann ich noch tun?
Gerade im Herbst empfiehlt Friedrich, auch an Hochschulen für eine Ausbildung zu werben. „Mancher, der zum 1. Oktober sein Studium begonnen hat, bereut das nach ein paar Wochen schon wieder“, sagt sie. Wer in dieser Situation einem jungen Menschen ein attraktives Angebot mache, habe gute Chancen, ihn als Lehrling zu gewinnen – umso mehr, wenn die Ausbildung nah an dem gewählten Studienfach dran sei. „Das ist dann häufig für beide Seiten wie ein Sechser im Lotto.“ Schöffmann plädiert zudem dafür, auch solchen potenziellen Lehrlingen eine Chance zu geben, die „im Normalfall“ nicht von einer Firma genommen worden wären. „Man kann ja auch mal sagen: Wir nehmen hier den ungeschliffenen Diamanten.“
Sollte ich es auch in den sozialen Medien versuchen?
Es kann natürlich eine gute Idee sein, offene Ausbildungsplätze etwa bei Facebook oder Instagram zu bewerben. Viele potenzielle Lehrlinge verbringen dort viel Zeit. Doch Schöffmann warnt davor, diese Kanäle zu bespielen, wenn man nicht wirklich weiß, wie das geht. „Bevor man es peinlich macht, lässt man es lieber.“
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