„Wer stolz auf seinen Arbeitsplatz ist, wird ihn gerne weiterempfehlen“

Isa Yavuz (rechts) und Sidar Imir sind nicht nur gute Freunde, sondern mittlerweile auch Kollegen bei der ARAG. Der Versicherungskonzern hatte die Stelle, auf die sich Sidar Imir bewarb, auch im firmeneigenen Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm hinterlegt. Für die zuständige Abteilungsleiterin Anna-Lena Riemenschneider wirkt sich dieser Recruiting-Prozess positiv auf das Arbeitsklima aus.
Isa Yavuz (rechts) und Sidar Imir sind nicht nur gute Freunde, sondern mittlerweile auch Kollegen bei der ARAG. Der Versicherungskonzern hatte die Stelle, auf die sich Sidar Imir bewarb, auch im firmeneigenen Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm hinterlegt. Für die zuständige Abteilungsleiterin Anna-Lena Riemenschneider wirkt sich dieser Recruiting-Prozess positiv auf das Arbeitsklima aus. © Giulio Coscia
Empfehlungen aus der eigenen Belegschaft sind hilfreich, um gutes Personal zu finden. Warum diese Form des Recruitings besonders vielversprechend ist und wie Arbeitgeber von einem Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm profitieren, zeigt das Beispiel des Düsseldorfer Versicherungskonzerns ARAG.
Sylvia Rollmann
Sylvia Rollmann
Freie Journalistin © Karin Maigut

Isa Yavuz und Sidar Imir sind gute Freunde. Sie kennen sich seit der Jugend, als beide ihre Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen absolvierten. Nach dem Studium gingen sie beruflich getrennte Wege, bis Yavuz die entscheidende Stellenanzeige entdeckte. Sein Arbeitgeber, der Düsseldorfer Versicherungskonzern ARAG, suchte Verstärkung für das Makler Service Center und hatte die Stelle auch im firmeneigenen Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm hinterlegt. „Als ich die Anzeige sah, dachte ich sofort an Sidar. Ich wusste, dass er sich beruflich verändern wollte, und war mir sicher, dass er perfekt in unser Team passen würde – fachlich und persönlich.“

Yavuz sollte recht behalten. Der 30-Jährige erzählte seinem Freund von der offenen Stelle und schickte ihm den Link zur Ausschreibung. Nur wenige Tage später gab Sidar Imir darüber seine Bewerbung ab. „Isa hatte mir viel über die Arbeit im Makler Service Center erzählt, und von der familiären Atmosphäre, die mir besonders wichtig war. Deshalb konnte ich mir gut vorstellen, für die ARAG zu arbeiten“, sagt Imir rückblickend. Und tatsächlich: Das Profil des 25-Jährigen überzeugte. Er wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und unterzeichnete kurz darauf seinen Arbeitsvertrag.

Hohe Passgenauigkeit bei den Kandidaten

Erfolgsgeschichten wie diese sind bei der ARAG keine Seltenheit. „In den vergangenen fünf Jahren haben wir 230 Mitarbeitende über unser Empfehlungsprogramm eingestellt“, berichtet Anna-Lena Riemenschneider, Abteilungsleiterin Talent Acquisition & Analytics bei der ARAG SE. „Pro Jahr gehen etwa zehn Prozent aller Neueinstellungen auf diesen Kanal zurück.“ Die hohe Erfolgsquote spreche für die Passgenauigkeit, die eine persönliche Empfehlung mit sich bringe, erklärt die 37-Jährige. Warum? „Mitarbeitende geben nur dann eine Empfehlung ab, wenn sie davon überzeugt sind, dass der Empfohlene zur Stelle und zum Unternehmen passt. Empfohlene Kandidaten haben deshalb häufig einen hohen kulturellen Fit und Schlüsselqualifikationen, die uns wichtig sind.“

Rund 1.300 ARAG-Mitarbeitende,-Auszubildende und -Partner haben sich auf der digitalen Plattform „Einstellungssache“ registriert, um den familiengeführten Konzern bei der Personalsuche zu unterstützen. „Pro Woche erhalten wir darüber etwa zehn Bewerbungen“, sagt Riemenschneider. Zwar sei eine Empfehlung kein Freifahrtschein und alle Kandidaten durchliefen den gleichen Bewerbungsprozess, trotzdem sei jeder Tipp ein Gewinn. „Mitarbeitende, die sich in ihrem persönlichen Netzwerk für die ARAG aussprechen, sind authentische Botschafter, die unsere Arbeitgebermarke stärken.“ Den Recruiting-Prozess aktiv mitgestalten zu dürfen, wirke sich zudem positiv auf die Motivation, die Bindung und das Arbeitsklima aus.

Anna-Lena Riemenschneider
Anna-Lena Riemenschneider © Giulio Coscia

›› Ein Empfehlungsprogramm ist kein Selbstläufer. ‹‹

Anna-Lena Riemenschneider

Strategie muss klar durchdacht sein

Doch Riemenschneider weiß: „Ein Empfehlungsprogramm ist kein Selbstläufer. Damit es die gewünschten Ergebnisse erzielt, muss es laufend optimiert werden.“ Wie viele Mitarbeiter beteiligen sich? Wie viele Bewerbungen gehen ein? Wie hoch ist die Einstellungsrate? Wie hoch sind die Kosten? „Wir überprüfen den Erfolg und nehmen immer wieder Anpassungen vor, damit das Programm relevant und attraktiv bleibt“, sagt die Abteilungsleiterin. Das bedeute zum Beispiel, das Angebot regelmäßig bei den Kollegen in Erinnerung zu rufen, Anreize für die Nutzung zu schaffen, Feedback einzuholen und zu geben.

Für Stephan Jäger, Berater für Fachkräftesicherung der IHK Düsseldorf, liegt genau darin die Herausforderung. „Unternehmen sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein Empfehlungsprogramm sorgfältig geplant, kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt werden muss.“ Es entfalte nur dann sein volles Potenzial, wenn es Teil einer durchdachten Recruiting-Strategie sei, wenn es auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten und auch rechtlich sicher gestaltet sei – etwa in puncto Datenschutz, so Jäger, der die personellen und finanziellen Ressourcen dafür eher in großen Konzernen als in Kleinstbetrieben sieht.

Schnelle Integration möglich

Wichtig sei es, klare Richtlinien aufzustellen, etwa darüber, wer eine Empfehlung aussprechen und eine Prämie erhalten dürfe. „Das sorgt für Transparenz und beugt Vetternwirtschaft vor“, erklärt Jäger, der allerdings vor blindem Aktionismus warnt. „Bevor ein Unternehmen überhaupt über die Einführung eines Empfehlungsprogramms nachdenkt, sollte es die eigene Unternehmenskultur kritisch überprüfen. Sind die Mitarbeitenden mit ihrem Job und dem Arbeitsumfeld unzufrieden, nützt auch das beste Empfehlungsprogramm nichts. Nur wer stolz auf seinen Arbeitsplatz ist, wird ihn gerne weiterempfehlen. Das sollte das Ziel jedes Unternehmens sein.“

Für Isa Yavuz hat sich die erfolgreiche Empfehlung ausgezahlt. Die ARAG belohnte seinen Tipp im Rahmen ihrer Richtlinie mit einer Prämie in Höhe von 1.500 Euro. „Wichtiger als das Geld war mir, dass ich meinen Freund und einen kompetenten Kollegen für das Unternehmen gewinnen konnte. Ich freue mich nun noch mehr auf die Arbeit – vor allem an den Bürotagen“, sagt er. Und Sidar Imir? Der trat seinen neuen Job mit einem guten Gefühl an. „Dank Isa wusste ich aus erster Hand, was mich erwartet. Ich konnte mich schnell einarbeiten und ins Team integrieren.“

Die eigenen Beschäftigten sind das wirksamste Recruiting-Instrument – Wege der betrieblichen Neueinstellungen im Jahr 20231 in Prozent
Quelle: IAB Stellenerhebung, Datenstand 6. Juni 2024 ©IAB

Der IAB-Stellenerhebung zufolge, sind bei 30 Prozent aller Neueinstellungen (ohne Auszubildende) die eigenen Beschäftigten beziehungsweise persönliche Kontakte entscheidend für die erfolgreiche Besetzung, die sich damit als wirksamstes Recruiting-Instrument erwiesen (siehe Grafik). Erst mit einem Anteil von 20 Prozent folgen die Internet-Jobbörsen, noch vor der eigenen Homepage, die in 16 Prozent der Neueinstellungen ausschlaggebend war. Weniger wirksam: die sozialen Medien mit 9 Prozent.

2023 nutzten Unternehmen am häufigsten die eigene Homepage zur Personalsuche (70 Prozent), gefolgt von Internet-Jobbörsen (59 Prozent) und den eigenen Beschäftigten/persönlichen Kontakten (52 Prozent). Die sozialen Medien folgten auf Rang vier (47 Prozent). Die IAB-Stellenerhebung ist eine regelmäßige Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

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