„Kuscheln war bereits vor 1.000 Jahren toll“

Kuscheln war bereits vor 1.000 Jahren toll
Hinter jedem flauschigen ­Textilbegleiter steckt immer (mindes­tens) ein kreativer Kopf : Denise Friedrich (­sitzend, Auszubildende im 1. Lehr­­­jahr) hat sich ganz ­bewusst für den ­Ausbildungsberuf des „Spielzeugherstellers“ bei Heunec ­entschieden. Hinter ihr stehen ­Barbara Fehn-Dransfeld, ­Geschäftsführerin, Susanne Oppel, Produktionsleiterin und ­Ausbilderin, sowie ­Tamara Voß, Auszubildende im 3. Lehrjahr © Natalie Büchner
Ein Beruf mit Einfluss auf kommende Generationen : Seit dem Jahr 1952 designt und produziert die in Neustadt bei Coburg ansässige Heunec Plüschtierwaren-Fabrik Kuscheltiere. POSITION hat den Ausbildungsbetrieb besucht – und stellt nun den „Spielzeughersteller“ vor, einen fast vergessenen Traditionsberuf.
Antonia Borggrefe
Antonia Borggrefe
Webredakteurin mediamit GmbH

Unter den 78 Ausbildungsberufen, die von der IHK zu Coburg betreut werden, gibt es auch manch ­ausgefallene Profession: So bilden hier, im Oberfränkischen, Betriebe zu Polsterern, Biomodellmachern und auch Spielzeugherstellern aus. „In Summe haben wir in diesem letztgenannten Beruf sechs Ausbildungsverhältnisse über alle drei ­Ausbildungsjahre“, erzählt Rainer Kissing, der in der IHK zu Coburg die Berufliche Bildung leitet. „Klar, wenn ein Beruf wenig bekannt ist, ist auch die Nachfrage bei den jungen Leuten geringer.“

Dass es den Beruf des Spielzeugherstellers überhaupt gibt, hat auch Denise Friedrich, ­Azubi im ersten Lehrjahr bei der ­Firma Heunec, überrascht. Eine ­Freundin hatte ihr damals die Ausschreibung zu der Lehrstelle gezeigt. „Das hat mich ­neugierig gemacht, deshalb habe mich ­beworben – mit der Absicht, ein Praktikum zu absolvieren. Das hat mir dann sehr gut gefallen, und mir wurde der Ausbildungsplatz angeboten.“

Plüschige Prototypen

Denise weiß : Hinter jedem flauschigen Textilbegleiter aus der Kindheit steckt immer ein kreativer Kopf, der ihn entwickelt hat. Der Ideenreichtum und die Handarbeit, die für die Spielzeugherstellung notwendig sind, reizen sie. „Mir war früh ­bewusst, dass der Beruf, den ich später ausüben möchte, kreativ sein soll.“ In ihrem ersten Lehrjahr wird sie schon fest im Team der Kuschel-Manufaktur ­Heunec eingebunden. Schon jetzt kann sie eigene Schmusegefährten entwerfen: „Aktuell erstelle ich Skizzen zu neuen Designs. ­Dafür zerteile ich bestehende Tiere, um nachzuvollziehen, wie die Entwürfe aussehen könnten, oder ich überlege völlig neue Schnittmuster.“ Denise passt die Schnittmuster an, wählt den Stoff für das neue Textiltier aus, erstellt Stickdateien am Computer und bedient selbst die Industrienähmaschine. Am Ende des Prozesses steht ein plüschiger Prototyp.

Expertise auch in Textil, Holz & Co.

Doch die Ausbildung umfasst noch mehr, wie Ausbilderin und Produktionsleiterin ­Susanne Oppel berichtet: „Wir sind Plüschtierhersteller, arbeiten also mit Textil. Die ­Ausbildung beinhaltet darüber hinaus auch die Holz- und Metall­verarbeitung, die wird dann in den Werkstätten der Berufs­schule gelehrt.“ Diese und ­andere Werk- und Hilfsstoffe seien wichtig, um ­beispielsweise auch Spielzeugfiguren aus Kunststoff und Holzspielzeug herzustellen. In ganz Deutschland gibt es nur eine einzige Berufsschule, die diese Lerninhalte vermittelt: die Staatliche Berufsbildende Schule in der thüringischen Spielzeugstadt Sonneberg. Obwohl die Nachfrage nach diesem Ausbildungsberuf laut Susanne Oppel stark zugenommen hat, wirbt das Unternehmen fleißig weiter. Heunec ist auf regionalen Ausbildungsmessen präsent, schaltet Anzeigen auf den Social-­Media-Kanälen und seiner Website, kauft Anzeigeplätze in Spielzeug-Magazinen und speziellen Zeitschriften für Schulabgänger, kooperiert mit der Arbeitsagentur und der IHK zu Coburg — und ab und an gibt es auch kleine ­Fernsehbeiträge über die Plüschtierwaren-­Fabrik.

Tradition mit Zukunftschancen

Welche Rolle kommt der Spielzeugherstellung in ­einer zunehmend digitalisierten Welt eigentlich noch zu ? Barbara Fehn-Dransfeld, Geschäftsführerin der Heunec GmbH, ist da sehr zuversichtlich : „Kuscheln war bereits vor 1.000 ­Jahren toll und wird es auch immer bleiben. ­Besonders bei Abschied und Schmerz ist ein Kuscheltier für Menschen jedes ­Alters ein Tröster, ein Nach-vorne-­Blicker, ein Gute-­Laune-Macher.“

Spielzeuge sind emotionale Produkte, und besonders Knuddelbär & Co. begleiten Menschen sehr früh. Für Azubi Denise ist klar, weshalb es sich auch heute noch lohnt, diesen Beruf zu erlernen : „Man kann mitentscheiden, womit Kinder in Zukunft spielen und kuscheln werden. Das hat einen großen Einfluss auf die kommende Generation, den ich als Spielzeugherstellerin mitgestalten kann.“


3 Tipps für Unternehmen:

  • Nutzen Sie die Publikationen Ihrer IHK und machen Sie auf Ihre Ausbildungsangebote auch in der Breite ­aufmerksam.
  • Scheuen Sie nicht den Kontakt mit ­Schulen und auch mit Eltern, die die Berufswahl ­ihrer Kinder häufig prägen.
  • Seien Sie präsent mit Ihren Besonderheiten und finden Sie Ihre Nische.

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