KI-Kompetenzin der Ausbildung: Was Betriebe jetzt wissen müssen

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Mit der EU-KI-Verordnung wächst der Handlungsdruck für Ausbildungsbetriebe: Wer Künstliche Intelligenz nutzt, muss künftig sicherstellen, dass auch Auszubildende über ausreichend KI-Kompetenz verfügen. Doch was genau ist darunter zu verstehen – und wie lässt sich das im Alltag umsetzen?
Susanne Hartmann
Susanne Hartmann
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Seit dem 1. August 2024 gilt die neue EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO). Sie verpflichtet alle Unternehmen, die KI-Systeme einsetzen, den sachkundigen Umgang mit diesen Technologien zu gewährleisten. Und dies unabhängig von ihrer Größe oder Branche. Besonders relevant ist dabei Artikel 4, der eine klare Kompetenzpflicht formuliert : Personal, das mit KI arbeitet, muss über ein angemessenes Maß an Wissen, Fähigkeiten und Urteilsvermögen verfügen. Das betrifft auch Auszubildende. „Die KI-Kompetenzpflicht ist keine Zukunftsmusik“, betont Prof. Markus Oermann von der TH Würzburg-Schweinfurt. „Sie gilt bereits seit Februar 2025 und betrifft jeden Ausbildungsbetrieb, der digitale Systeme mit KI-Funktionen nutzt.“ Dazu zählt etwa Software zur automatisierten Textverarbeitung, Tools zur Datenanalyse oder Bewerbungsfilter mit KI-Elementen. Allerdings gibt es keine unmittelbare Verpflichtung zu bestimmten Schulungen. Trotzdem müssen Unternehmen das Thema im Auge behalten und für interne Strukturen sorgen.

Was bedeutet KI-Kompetenz konkret?

Die Verordnung definiert KI-Kompetenz umfassend : Neben technischen Grundlagenwissen umfasst sie auch ethische, rechtliche und praktische Kenntnisse.

Die Lernenden sollen:
– die Funktionsweise von KI-Systemen grob verstehen,
– deren Stärken und Grenzen kritisch einschätzen können,
– sowie Risiken wie Verzerrungen, Diskriminierung oder falsche Ergebnisse erkennen.

„Ziel ist nicht, dass Azubis selbst KI entwickeln“, so Oermann, „sondern dass sie ein reflektiertes Verständnis für ihren Einsatz haben und vor allem wissen, wo die Grenzen der Anwendung liegen.“

Strukturierte Umsetzung ist wichtig

Doch wie lässt sich das praktisch umsetzen – gerade in einem ohnehin dichten Ausbildungsalltag ? Markus Oermann empfiehlt einen schrittweisen Einstieg. „Zunächst sollten Betriebe klären, welche KI-Systeme im Einsatz sind oder geplant werden. Wer nutzt sie, wie oft und vor allem in welchem Kontext ?“ Dann ist es wichtig zu klären, ob der Betrieb als Entwickler, Händler oder Betreiber eines Systems fungiert. „Zum Betrieb von KI zählt dabei alles, sobald die Nutzung von KI über rein private Anwendungen hinausgeht. Die meisten werden KI im Zusammenhang mit Texten oder Bildmaterial verwenden oder um Daten auszuwerten. Besonders im Blick behalten muss man kritische Einsatzbereiche und Anwendungen, etwa wenn es um ganz wesentliche Dienstleistungen, wichtige interne Daten oder um Personalfragen geht.“

Prof. Markus Oermann von der TH Würzburg-Schweinfurt

Prof. Markus Oermann von der TH Würzburg-Schweinfurt
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Wenn geklärt ist, wer welche Tools für welche Anwendungen bereits nutzt, heißt das noch nicht, dass KI-Wissen auch an den passenden Stellen im Unternehmen verortet ist. Jetzt gilt es zu klären, wer schon über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, für wen weiteres Wissen notwendig ist und wo noch Schulungsbedarf besteht. E-Learnings, IHK-Zertifikate oder interne Schulungen bieten Abhilfe. „Außerdem ist es wesentlich, dass sich Betriebe Gedanken über den bewussten Umgang mit KI im Unternehmen machen. Ähnlich wie bei der Nutzung von Social Media durch Mitarbeitende sind Nutzungsrichtlinien sinnvoll. Also analog zu den hoffentlich bestehenden Social-Media-Guidelines bieten sie Orientierung und zeigen einfach und eingängig die betrieblichen Leitplanken für die Nutzung von KI-Tools.“

Auszubildende in diesen Prozess einzubinden, ist auf jeden Fall sinnvoll, meint Oermann. Denn junge Menschen hätten weniger Berührungsängste mit neuer Technik, würden sie meist bereits einsetzen und sie könnten so gezielt als Multiplikatoren im Unternehmen wirken. Beispielsweise als „KI-Scout“, einem Projekt der Industrie- und Handelskammern. Zu guter Letzt gehört die Dokumentation der Schulungen und Anwendungen unbedingt dazu. Dies schafft Transparenz im Unternehmen und zusätzliche Sicherheit, falls geprüft wird. „Allerdings haben wir in Deutschland zurzeit noch keine Durchsetzungsbehörde für dieses Thema“, sagt Oermann. Aus seiner Sicht ist dies jedoch kein Freibrief, das Thema schleifen zu lassen. „Wir bekommen durch diese Verordnung sehr schnell einen sicheren Handlungsrahmen, der auch einen sicheren Investitionsrahmen bedeutet. Daher ist sie bei richtiger Anwendung kein Innovationshemmnis, sondern ein Wegweiser für sicheres und verantwortungsvolles Handeln.“ Für Ausbildungsbetriebe heißt das : Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Kompetenzen aufzubauen, Erfahrungen zu sammeln und junge Talente fit für die Arbeitswelt von morgen zu machen.


Tipps zur Umsetzung von KI in Unternehmen

1. Überblick schaffen

2. Rolle in der Wertschöpfungskette definieren

3. Kompetenzlücken identifizieren

4. Richtlinien entwickeln

5. Azubis aktiv einbinden

6. Dokumentation nicht vergessen


Laut KI-Verordnung umfasst die Kompetenzpflicht:

  • Grundverständnis technischer Funktionsweise der eingesetzten KI-Systeme
  • Fähigkeit zur Bewertung von Ergebnissen (z. B. bei generativen Tools)
  • Kenntnisse über rechtliche Rahmenbedingungen (Transparenz, Datenschutz)
  • Reflektierter Umgang mit ethischen Fragen (z. B. bei Bewerbungstools)

  • Angebote zur Umsetzung

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