„Ein vegetarisches Restaurant dürfte keinen Koch ausbilden …“

Verbundberaterin Kerstin Josupeit-Metzner aus Berlin
Kerstin Josupeit-Metzner, Leiterin Verbundberatung Duale Berufsausbildung in Berlin © Jens Schicke
Eine Verbundausbildung könnte Azubis und ihre Ausbildungsbetriebe einander entfremden? Mit diesen und anderen Vorurteilen räumt die Verbundberaterin Kerstin Josupeit-Metzner aus Berlin auf.
Sebastian Haak
Sebastian Haak
© Michael Reichel

Frau Josupeit-Metzner, bei einer Verbundausbildung sind Auszubildende monatelang nicht in ihrem eigentlichen Ausbildungsunternehmen. Ist das ein Problem ? Immerhin können sich so ja kaum soziale Beziehungen zu Arbeitskollegen entwickeln …

Josupeit-Metzner : Es gibt verschiedene Modelle von Verbundausbildungen. Bei einigen sind die Azubis für eine längere Zeit für ihre Grundausbildung bei einem Verbundpartner, bei anderen sind sie nur eine relativ kurze Zeit dort, teilweise auch nicht am Stück, sondern zum Beispiel zu einzelnen Ausbildungsabschnitten. Letztlich kommt es immer darauf an, dass das Ausbildungsunternehmen einen engen Draht zu seinen Lehrlingen hält – auch dann, wenn sie in der Verbundausbildung sind. Wenn das gewährleistet ist, ist es kein Problem, dass die jungen Menschen längere Zeit bei einem Verbundpartner tätig sind.

Wie kann dieser enge Kontakt gehalten werden?

Indem die Ausbilder aus dem Leitbetrieb regelmäßig bei dem Verbundpartner vorbeischauen ; indem die Azubis Newsletter bekommen ; indem sie zu Firmenevents eingeladen werden. Man muss ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie wirklich Teil ihres Ausbildungsbetriebes sind, auch wenn sie nicht jeden Tag dort vor Ort sind.

Das klappt?

Auf jeden Fall ! In unserer Beratungspraxis hier in Berlin ist uns noch nicht berichtet worden, dass sich Auszubildende und ihre Leitbetriebe durch eine Verbundausbildung entfremdet hätten.

Wie ist es um das Image von Verbundausbildungen bestellt? In den 2000er Jahren waren Verbundausbildungen nicht allzu hoch angesehen, weil dort vor allem junge Menschen ausgebildet worden sind, die in Unternehmen keinen Ausbildungsplatz bekommen hatten.

Man muss aufpassen, dass man da nicht Dinge miteinander verwechselt. In den Zeiten, in denen zehntausende Ausbildungsplätze in Deutschland fehlten, gab es in vielen Bundesländern sogenannte Ausbildungsplatzprogramme. Dabei wurden junge Menschen bei Ausbildungsdienstleistern in geförderte Ausbildung genommen und hatten praktische Phasen in Betrieben. Das war und ist zum Teil noch heute ein wichtiges Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit. Daneben gibt es eine andere Art der Verbundausbildung. Dabei geht es darum, dass wir Ausbildungsplätze in der freien Wirtschaft schaffen, die aber erst über eine Verbundausbildung möglich gemacht werden.

Das heißt?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein vegetarisches Restaurant dürfte keinen Koch ausbilden, weil dort beispielsweise kein Fleisch verarbeitet wird, was aber zur Ausbildung dazu gehört. Also braucht es für dieses Restaurant einen Partner, in dem der Koch-Azubi die Fleisch-Ausbildungsinhalte lernen kann. Die Verbundausbildung wird heute also stärker aus Sicht der Ausbildungsbetriebe gedacht.


Zur Person und zum Projekt

Kerstin Josupeit-Metzner leitet das Projekt Verbundberatung Duale Berufsausbildung in Berlin mit Sitz in der IHK Berlin. Ihre Tätigkeit und die ihrer drei Teamkolleginnen wird aus Mitteln der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung gefördert. Träger des Projektes ist der Verein zur Förderung der beruflichen Bildung Berlin (vfbb), dessen Mitglieder neben der IHK auch die Handwerkskammer Berlin, der Verband der Freien Berufe in Berlin sowie die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg sind.


Gut zu wissen

Die Industrie- und Handelskammern sind wichtige Ansprechpartner für Unternehmen, die an einer Verbund-ausbildung interessiert sind. Auch wenn nicht alle IHKs dieselben Dienstleistungen anbieten, so unterstützen doch viele die Verbundausbildung in der einen oder anderen Form. Sie bieten umfassende Beratung und Unterstützung, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe, die nicht alle Ausbildungsinhalte selbst ver-mitteln können. Die IHKs helfen bei der Organisation von Ausbildungsverbünden, in denen mehrere Unternehmen kooperieren, oder bei der Zusammenarbeit mit externenBildungsträgern, die spezialisierte Ausbildungsinhalte übernehmen. So stellen die IHKs sicher, dass alle not-wendigen Ausbildungsabschnitte abgedeckt werden und unterstützen Unternehmen dabei, qualifizierte Fachkräfte auszubilden. Es ist daher ratsam, sich direkt bei der zuständigen IHK zu informieren, um spezifische Informationen und Unterstützung zu erhalten.

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