Azubis gehen digital voran

Wie lässt sich die umständliche Zettelwirtschaft auf Messeveranstaltungen digital ablösen? Darüber tüftelten Auszubildende und Studenten der Firma BT innovation
Wie lässt sich die umständliche Zettelwirtschaft auf Messeveranstaltungen digital ablösen? Darüber tüftelten Auszubildende und Studenten der Firma BT innovation © BT innovation
Ein Leben ohne Smartphone? Kaum vorstellbar für die meisten Jugendlichen heutzutage. Diese Nähe zum Digitalen macht sich das Projekt „Digiscouts®“ zu Nutze - denn in der Technikaffinität der Azubis steckt jede Menge Potenzial.
Agnes Mayer
Agnes Mayer
Freelancerin

„Mit dem Digiscouts®-Projekt schlagen die Betriebe zwei Fliegen mit einer Klappe: Die jungen Leute setzen ein Digitalisierungsprojekt im Unternehmen eigenverantwortlich um und optimieren so beispielsweise die Prozesse. Gleichzeitig dürfen sie mitgestalten, wodurch sich die Bindung an den Betrieb erhöht“, sagt Wahaj Bin Sajid, Leiter des Fachbereichs Fachkräftesicherung beim RKW Kompetenzzentrum, das das Projekt initiiert hat.

Als sogenannte „Digital Natives“ wirken Azubis dann als Ideengeber für die Digitalisierung im Ausbildungsunternehmen. Drei bis sechs Monate haben sie Zeit, eine smarte Lösung zu finden und sie eigenständig umzusetzen. Immer im Hinterkopf dabei die Zielsetzung, Abläufe im eigenen Unternehmen schneller, kundenfreundlicher oder wirtschaftlicher zu machen. „Bei diesen Azubi-Projekten steht das Potenzial im Vordergrund. Das Ergebnis sollte nicht nur ,nice to have’ sein, sondern einen echten wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen haben“, erklärt Projektleiterin Oksana Braude. Erfahrene Coaches des RKW würden die Ideen der Teilnehmer daraufhin prüfen, ob sie mit überschaubarem Aufwand sinnvoll umsetzbar sind, und sie bei der konkreten Umsetzung begleiten.

Der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten

So entwickelten die Azubis beim Magdeburger Unternehmen B.T. innovation ein Tool, um der umständlichen Zettelwirtschaft auf Messeveranstaltungen ein Ende zu setzen. Pro Jahr ist die Entwickler- und Zulieferfirma für die Bauindustrie auf rund zehn Messen weltweit unterwegs. Kommt man am Messestand mit jemanden ins Gespräch, musste der bislang seine Kontaktdaten auf einem Papierformular hinterlassen. „Das war zum einen sehr umständlich, zum anderen ging immer wieder etwas verloren – sei es der Zettel selbst oder eine wichtige Information beim Abtippen der Handschrift“, erklärt Moritz, Azubi für Fachinformatik und Systemintegration. Zukünftig trägt der Kunde seinen Kontakt auf einem Tablett ein, diese Daten gehen dann automatisch an den jeweils zuständigen Mitarbeiter.

Mit regionalen Auftaktveranstaltungen zum Projekt Digiscouts® versucht das RKW als Impulsgeber für den Mittelstand Unternehmen in ganz Deutschland zu erreichen. So können sich Azubis verschiedener Betriebe während der Projektphase untereinander austauschen und voneinander lernen. Seit 2018 haben bundesweit 200 Unternehmen mit über 700 Auszubildenden teilgenommen, in weiteren zwölf Regionen gibt es in den kommenden Monaten noch die Gelegenheit dazu.

Junge Leute wachsen an ihren Aufgaben

Einer der Kooperationspartner, der bereits zum zweiten Mal Digiscouts® in die Region geholt hat, ist die IHK Koblenz. „Am meisten hat mich beeindruckt, wie sehr die Azubis an dieser Aufgabe gewachsen sind. Wir haben sie bei der Auftaktveranstaltung gesehen, wenn sie sich noch recht schüchtern vorstellen, und sehen ein halbes Jahr später, wie selbstbewusst sie dann ihre Projekte präsentieren“, sagt Claudia Nebendahl, Referentin für Berufsausbildung. Auch Sebastian Patze von der Bildungsakademie der IHK Magdeburg war immer wieder erstaunt, von den Ideen und Leistungen, die die Azubis der zehn teilnehmenden Unternehmen aus der Region hervorbrachten.

Eine Beobachtung, die auch eine Umfrage des RKW unter den bislang teilnehmenden Unternehmen bestätigt: So gaben die meisten von ihnen als Motive für die Teilnahme an, die Eigenständigkeit, das Projekt-Know-how und die sozialen Kompetenzen der Azubis zu fördern.

Für die Auszubildenden bei B.T. innovation war die Teilnahme an Digiscouts® eine wertvolle Erfahrung. „Wir wollten damit etwas Nachhaltiges und Zukunftsfähiges schaffen, das unter den Mitarbeitern Resonanz findet“, fasst Azubi Moritz die Projektidee zusammen. „Hoffentlich kann das Ergebnis bald auf der ersten Präsenzmesse im Herbst erstmalig zum Einsatz kommen.“

Zum Projekt „Digiscouts®“

Zu „Digiscouts®“ werden Azubis, die über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten digitale Lösungen entwickeln, um Abläufe in einem Unternehmen zu verbessern.

Hinter dem deutschlandweiten Projekt steht das RKW Kompetenzzentrum, das mit seinen Coaches die teilnehmenden Auszubildenden betreut und die Umsetzbarkeit einer digitalen Lösung prüft. Dabei werden auch regionale Partner – darunter z.B. IHKs – mit eingebunden, die einen engen Kontakt zu den Unternehmen haben und deren Bedarfe gut kennen.

Gefördert wird Digiscouts® aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

Weitere Infos und Hilfestellungen finden sich auf einer Online-Plattform des Kompetenzzentrums, darunter Tutorials, Wissensbausteine und Tools für die Projektarbeit.

www.digiscouts.de

Fünf Tipps, um Azubis bei der Digitalisierung im Unternehmen einzubinden

  • Kreativität fördern: Keine Idee sollte voreilig verworfen werden. Beim anfänglichen Brainstorming ist alles erlaubt. Was sinnvoll ist, wird dann einzeln überprüft.
  • Abteilungen übergreifen: Digitalisierung findet nicht nur in der IT statt. Auch in anderen Abteilungen finden sich gute Ansätze und wichtiges Know-how.
  • Perspektiven wechseln: Auf Spurensuche nach digitalen Lösungen lernen Azubis Arbeitsabläufe im Unternehmen von einer neuen Seite kennen.
  • Virtuell zusammenarbeiten: Bereits bei der Umsetzung können sich Azubis mit digitalen Formen der Teamarbeit ausprobieren, z.B. bei Online-Meetings.
  • Machen lassen: Am meisten lernen die Azubis, wenn sie von der Idee bis zur Umsetzung das Projekt eigenständig erarbeiten. Vertrauen ist hier wichtig!

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